Archiv für den Monat: November 2016

Alpenpanorama

So sieht es aus, wenn wir uns umschauen!

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Iimg_6984m Castle Forest Lodge Camp am Südrand des Mount Kenia fühlen wir uns wie zu Beginn unserer Reise in Österreich: grüne, saftige Wiesen mit grasenden Rindviechern, leicht geschwungene Hügel vor hohen Bergen, hier und da ein Nadelbaum, kleine Holzchalets mit qualmenden Kaminen…

 

Leicht irritierend sind da nur die Warnimg_6987hinweise im Toilettengebäude, die auf das korrekte Verhalten im Fall einer Begegnung mit einigen der 1000 hier lebenden Elefanten hinweisen (langsam rückwärts gehen, Haus oder Veranda oder Auto aufsuchen…). Ach ja, wir sind ja doch in den Tropen!

 

 

img_6995Sobald wir jedoch den dichten Wald rund um das Wiesengelände betreten (wovon ohne Guide dringend abgeraten wird…), hören wir eine Vielzahl tropischer Vögel kreischen, sind umgeben von Lianen und Farnen und rutschen auf den feuchten roten Lateritböden aus. Das ähnelt doch sehr dem, was man sich so unter „Dschungel“ vorstellt. Unter uns plätschert ein Wasserfall und es ist unglaublich grün.

 

img_7043img_7052Nach einer recht kühlen ersten Nacht brechen wir morgens um acht zu einer geführten Tour durch den dichten tropischen Wald auf. Der Guide weist uns zuerst darauf img_7016ahin, wie wir uns bei einer Begegnung mit einem Elefanten zu verhalten haben, und bittet uns dann, die Hosen in die Socken zu stecken, da die Ameisen sonst sehr unangenehm werden könnten.img_7020 Dann wandern wir durch enge Pfade durch den Busch, fast immer auf dem Elefantenweg. Eindrucksvoll beweisen große Haufen, dass hier vor drei Tagen noch einige Tiere durchgezogen sind. dsci0850Auch auf Leopardenexkremente treffen wir. Unser Guide erzählt uns einiges über die Pflanzen – so wissen wir nun zum Beispiel, dass wir bei Magenproblemen ½ Glas des Saftes vom Waterberry-Baum trinken sollen und dass die gekochte Rinde eines anderen Baumes (den Namen konnten wir uns dank  Unaussprechbarkeit leider nicht merken) bei allgemeiner Schwäche wahre Wunder wirkt. Wir hören viele Vögel und können uns sogar mit ihnen „unterhalten“ (der Guide kann wirklich gut pfeifen, und das Federvieh antwortet prompt) und sehen unzählige Ameisen.

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Aber – leider leider – sehen wir KEIN EINZIGES TIER! Wir hatten so fest damit gerechnet, dass wir wenigstens einige Affen näher zu Gesicht bekommen, aber hier im Wald versteckt sich alles schön und beobachtet wahrscheinlich uns… So müssen wir zur Unterhaltung doch mit den Tieren des Lodge vorlieb nehmen – Marie darf eine Runde reiten und das Kälbchen füttern, danach geht sie mit der Ziege spazieren (wir sind uns nicht sicher, ob das abgesprochen war…), und die diversen Wachhunde halten sich (besonders während der Mahlzeiten) gerne in unserer Nähe auf. Vielleicht kommen ja doch noch ein paar Elefanten durch das Camp, wir wollen noch ein oder zwei Nächte bleiben.

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Rosen und Kartoffeln

– was haben diesen beiden gemeinsam? Richtig, sie gedeihen auf der Kisima-Farm, die nördlich von Timau auf halber Höhe am Mt. Kenia liegt. Nachdem wir die Nacht an dem zur Farm gehörigen Hofladen verbracht haben und schon in den Genuss der aus hofeigenen Kartoffeln hergestellten Pommes gekommen waren, wollten wir natürlich auch die Farm besichtigen. Irgendwie sind wir der naiven Vorstellung erlegen, wir würden nun einen Bauernhof mit Kühen, Pferden und anderen Tieren sowie etwas Landwirtschaft besuchen…

Schon bei der Einfahrt zur Farm werden wir stutzig: ein Wachmann öffnet ein großes Tor, trägt uns mit Nummernschild in eine Liste ein und weist und einen Helfer zu, der uns zum Parkplatz  begleitet. Auch sind überhaupt keine richtigen Bauernhofgebäude zu erkennen.

dsci0831Wir werden erst in die Kartoffelsortieranlage geführt, wo uns der Kartoffelchef stolz die deutsche Sortiermaschine von Grimme und das Kühlhaus zeigt. Er betont, dass Kisima der größte Kartoffelproduzent ganz Kenias sei und seinen Markt bald auch nach ganz Ostafrika ausdehnen werde.

Weiter geht es in die Blumenfabrik – ja, so muss man das wohl nennen. dsci0838Einen guten Kilometer hangabwärts stehen riesige Gewächshäuser, in denen vor allem Rosen für den europäischen, insbesondere niederländischen Markt gedeihen. Wir sehen die Anzuchthallen, die Verpackungseinheit und die Kühlhäuser – 24h nach der Ernte stehen die Rosen im Holland zum Verkauf. Hier auf der „Farm“ arbeiten 600 Menschen, es läuft vieles schon hochtechnisiert mit PC-Einsatz und natürlich jede Menge Dünger und Insektizide. Zur Zeit, so erklärt der Manager, läuft die Vorbereitung für den Valentinstag auf Hochtouren…

dsci0847Die Kinder sind einerseits beeindruckt, andererseits aber doch enttäuscht. Gerade Marie hatte auf Tiere und vor allem Pferde und einen kleinen Ausritt spekuliert. Pferde gibt es zwar auch, aber nur damit die Manager Polo spielen können…

 

 

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Also, beim nächsten Rosenkauf dran denken: Wir haben die Blumen schon als „Babies“ gesehen!!!

 

0° erreicht!

Auf den Tag genau vier Monate nachdsc02654 unserer Abreise haben wir den Äquator erreicht!

Leider fiel das kleine gelbe Schild am Straßenrand zwischen all den Reklametafeln kaum auf, so dass wir diesen Moment fasst verpasst hätten – zum Glück hat Hannah es gerade noch gesehen, so  dass wir anhalten konnten. Nach dem obligatorischen Foto – schließlich war es für uns alle der erste Schritt auf die Südhalbkugel – gab es noch eine kurze Demonstration des Coriolis-Effekts, bevor uns die Äquatortaufe in Form eines heftigen Regengusses erwischte – hier ist halt noch Regenzeit. dsc02655

Zuvor hatten wir uns nach einigen erholsamen Tagen im Camp Henry in Marsabit  auf den Weg Richtung Süden gemacht. Den ursprünglichen Plan, das Samburu National Reserve zu besuchen, haben wir aufgegeben, als wir die horrenden Eintrittspreise gelesen haben: wir wären für einen Tag 300 US$ losgewesen – das ist wirklich zu viel für unser Budget!

So haben wir uns damit begnügt, die wunderschöne und abwechslungsreiche Landschaft des nördlichen Kenia zu bereisen: von den Bergen bei Marsabit über die Dornstrauchsavanne rund um den Samburu, entlang an interessanten Felsformationen. Immerhin haben wir ein paar Strauße gesehen, die wie aufgescheuchte Riesenhühner über die Straße rannten!

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Kurz nachdem wir Isiolo passiert hatten, ging es langsam aber stetig hinauf zum Mount Kenia, der mit 5199 m der zweithöchste Berg Afrikas ist. Nach einer Nacht an einem Hofcafé der Kisima-Farm konnten wir in Nanyuki endlich wieder richtig einkaufen! Das war ein Fest: es gab Milchprodukte, Käse, Wurst, Gemüse – alles, was das Herz begehrt! Mit gefülltem Kühlschrank war danach für zwei Tage Höhenluft auf 2200m am Nordrand des Mount Kenia angesagt. Das Klima und die Landschaft erinnert hier an das Sauerland im Sommer, nur die Nachttemperaturen sind noch etwas niedriger, so dass es sogar mit dickem Schlafsack manchmal frisch wird.img_6953

 

Knapp über dem Äquator

Wir sind nur noch 2° nördlich des Äquators und haben mit Kenia das zwölfte Land unserer Reise erreicht. Der Grenzübertritt nach Kenia verlief unproblematisch, das einzig Neue war der heftige Regen, der vor allem die äthiopische Seite in roten Schlamm verwandelte.

Seit Dienstag abend sind wir im Camp Henry im Marsabit National Park – leider mal wieder als einzige Gäste. Wir wollen unsere Reisegeschwindigkeit nach den nur zwölf Tagen, in denen wir Äthiopien durcheilt haben, etwas drosseln und bleiben erst einmal für drei Tage hier.

Den Bericht über Äthiopien gibt es schon zu lesen, für die Bildergalerie reicht das Internet nicht.

Reisetagebuch Teil 7

Grüdi und der Ochse

Ein Bericht von Lea

Als wir in  Wim´s Hollandhouse in img_6937Addis Abeba waren, stand morgens plötzlich ein Ochse neben uns. Wir parkten in einem eingezäunten Hof, den zwei Hunde bewachten. Während wir Kinder Schule machten, hatten die beiden Hunde und der Ochse eine kleine Auseinandersetzung. Die Hunde haben den Ochsen so tyrannisiert, dass er gegen den Zaun gelaufen ist. Aber das machte auch nichts mehr, wie wir feststellten als wir nachmittags von einem großen Stadtrundgang wiederkamen…

dsci0694Als wir nämlich in den Hof gingen, haben wir uns alle total erschreckt: direkt neben Grüdi lag der tote Ochse, der vormittags noch gelebt hatte! Einige Männer standen daneben, während ein paar Frauen das Fleisch verarbeiteten. Man konnte nur noch den Kopf erkennen, die Haut war heruntergerissen und man sah die Rippen. Das Herz lag direkt vor Grüdis Leiter, und der Darm neben Grüdis Rad. Ich fand es eigentlich spannend, weil ich so etwas noch nie gesehen hatte. Irgendwie war es aber auch eklig, weil die Leiter und Grüdis Heck auch Blutspritzer abbekommen hatten. Hannah und ich haben sofort unsere Kameras geholt und ganz viele Fotos gemacht.

Alle Fleischstücke wurden an einem Gerüstdsci0701 aufgehängt. Die Frauen holten sich immer wieder kleine Teile und schnitten sie in mundgerechte Stücke. Alle tunkten diese Stücke dann in Gewürze und aßen sie mit Brot – roh!

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Danach drehten sie den Ochsen auf den Rücken und man sah, wo sie die Kehle durchgeschnitten hatten. Sie erklärten uns, dass sie vorher die Beine zusammengebunden hatten, dann den Ochsen auf den Boden geworfen hatten und ihm danach die Kehle durchgeschnitten hatten. dsc02473

Zum Schluss wurde der Kopf mit einem Beil abgehackt. Dabei hat Marie Spritzer auf ihr T-Shirt gekriegt. Sie fand das glaube ich nicht so toll.

Als wir am nächsten Morgen aufwachten, stank es noch ziemlich, aber es war nur noch die getrocknete Blutlache zu erkennen. Von der Besitzerin von Wim´s Holland house haben wir erfahren, dass der Ochse für eine Hochzeit, die Samstag stattfinden soll, geschlachtet wurde.

 

 

Hindernisse entlang der Seen im Great Rift Valley

Von Addis Abeba machen wir uns, nachdem wir im dritten Anlauf tatsächlich eine COMESA-Yellow-Card (KFZ-Verischerung für Ostafrika) erhalten haben auf den Weg zur kenianischen Grenze. Wir wollen entlang der Seen, die sich hier im ostafrikanischen Grabenbruch gebildet haben, in drei Tagesetappen zur Grenze nach Moyale gelangen.

Erster Stopp ist der Lake Langano. Dieser See hat einen sehr hohen Sodagehalt, sein Wasser ist braunrot und seifig, aber man kann aufgrund des hohen PH-Wertes ohne Bilharziosegefahr darin baden, und Krokodile und Nilpferde gibt es auch nicht. Da wir seit längerem nur kalte (Kim&Tim) bzw. gar keine Duschmöglichkeit (Wim´s Hollandhouse wurde leider das Wasser abgedreht) hatten, fänden wir einen Wasserkontakt auch mal wieder ganz gut. Wir erreichen den ersten See bei Ziway im frühen Nachmittag und tanken hier erst mal wieder voll. Anders als an den vergangenen Tagen haben wir realistische Chancen, unser Tagesziel im frühen Nachmittag zu erreichen, so dass wir auch noch etwas Zeit im Hellen verbringen können. Das ist zumindest der Plan, aber es soll anders kommen.

Auf IOverlander haben wir die Koordinaten einer Lodge am See gefunden, die sich gut anhört. Unser Navi schickt uns kurz vor dem Ziel in einen Sandweg, der sich sehr schnell in eine üble Piste mit sehr tiefen, durch Erosion in der Regenzeit produzierte Rinnen verwandelt. Wir schaffen es dsc02576so gerade, hier nicht stecken zu bleiben – Grüdi verwindet sich grausam, Lea hat schon keine Lust mehr und will aussteigen. Aber es geht gut, der Weg wird wieder zur Sandpiste und wir können weiterfahren. Wenige hundert Meter weiter stottert der Motor plötzlich und geht dann aus. Startversuche bleiben ergebnislos. Da wir gerade getankt haben, kann ein leerer Tank nicht das Problem sein, und auch der Ölstand ist ok. Ein Blick auf das Dieselschauglas zeigt eine klare, wässrige Flüssigkeit – haben die Experten an der Tankstelle uns etwa mit Wasser versetzen Diesel verkauft? Jochen wirft sich in seinen schicken organgen Arbeitsanzug und beginnt, Grüdi auseinander zu schrauben. Selbstverständlich haben sich schon einige Zuschauer eingefunden, die unsere Bemühungen mitten im Nirgendwo aufmerksam verfolgen. Die Stimmung ist super, die Kinder verziehen sich lieber zum Schule machen nach drinnen und Judith versucht, die Reparaturarbeiten zu unterstützen. X Startversuche bleiben ergebnislos, unser Plan mit dem frühen Ankommen rückt in weite Ferne. dsc02493Inzwischen haben sich auch zwei ältere Herren und eine Mutter mit ihren Kindern zu den Zuschauern gesellt, Bänke wurden herbeigeschafft – eine Verständigung ist aber aufgrund der Sprachbarriere nicht möglich. Irgendwo verlieren wir Diesel, das System lässt sich nicht enlüften – aber wir finden das Leck nicht (zumal wir ja auch immer an die Wasserdiesel-Theorie glauben…). Wir stellen uns schon mal auf eine Nacht mitten auf der Piste ein…

Irgendwann findet Jochen dann ein kleines Leck an einer Leitung, repariert dieses – und tatsächlich, nach einigem Pumpen aus dem Zweittank springt Grüdi an! Wir sind mega-erleichtert, räumen unsere Siebensachen zusammen und setzen unseren Weg fort – allerdings ohne unseren Zuschauern das „Money“, welches sie für zweistündiges geduldiges Zuschauen einfordern, gegeben zu haben (eigentllich hätten wir für das Spektakel Eintritt nehmen sollen….). Ob der neue Diesel im großen Tank, der wirklich sehr klar aussah und auch kaum roch, wirklich in Ordnung ist oder nicht, probieren wir lieber erst wieder auf der Straße aus.

Natürlich geht die Sonne gerade unter, die Piste wird noch schlechter als vorher – den Plan mit der Lodge am See können wir aufgeben. Wir schaffen es gerade noch, abseits des Weges in der Nähe einer Großfamilie nach  einem Stellplatz zu fragen und unser Lager aufzuschlagen, bevor es stockdunkel wird und die Malaria-Moskitos ihre Angriffe starten. Vorbei die Idee mit dem Bad im See…

dsc02512Am nächsten Morgen können wir die ca. zehn Kinder der Familie, die uns nicht angebettelt haben (das ist neu!) mit T-Shirts glücklich machen, bevor wir unseren Weg fortsetzen. Die Lodge ist nur noch 2.5 km entfernt, das muss doch zu schaffen sein! Die Piste ist sandig, aber gut zu fahren – bis sie schlagartig zu einem mit halbmetertiefen Furchen durchzogenem trockenem Bachbett wird. dsc02553Hier ist kein Weiterkommen möglich, wir müssen also den gruseligen Weg zurück fahren. Grüdi wird nochmals extrem belastet, Lea geht lieber zu Fuß, und nach einer Stunde haben wir tatsächlich wieder die Hauptstraße erreicht.

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Jetzt trauen wir uns auch, den Wasser(?)Diesel auszuprobieren – Grüdi läuft weiter, wir haben dem Tankwart wohl unrecht getan. Irgendwie hat jetzt aber niemand mehr Lust darauf, noch einmal die tollen Straßen zum See zu testen, so dass wir uns als nächstes Ziel den Ort Arba Minch vornehmen, den wir nachmittags erreichen und dort einen Stellplatz am Hotel Bekela Mola (mit heißem Wasser und WIFI!) finden. Hier werden wir einen Tag Pause machen, bevor es morgen in Richtung Grenze weitergeht.

Es ist immer noch der Nil…

… der uns auf unserer weiteren Fahrt img_6921durch Äthiopien begleitet. Unser erster längerer Stopp nach der Grenze ist das niederländisch geführte Tim-and-Kim-Village, eine sehr schön angelegte Lodge in Gorgora. Hier relaxen wir einige Tage am Lake Tana, durch den der Blaue Nil fließt.

img_6935Weiter geht es über die Universitätsstadt Gondar nach Bahir Dar, das am Südende des Sees liegt. Über 35km Schotterpiste erreichen wir die dsc02383Blue Nile Falls, an denen dank eines großen dsc02392Wasserkraftwerkes außerhalb der Regenzeit im Juli bis September nur noch 15% der ursprünglichen Wassermenge herabstürzen. Es ist trotzdem noch ein toller Anblick, den wir als Video schon im Nile Museum in Assuan gesehen haben und nun live erleben. Die Quelle des  Blauen Nils, der als längster Fluss Afrikas ja in Khartum mit dem Weißen Nil zusammenfließt und dann in Ägypten ins Mittelmeer mündet, liegt offiziel auch südlich des Lake Tana (obwohl es eigentlich ein Zusammenfluss mehrerer kleiner Gewässer ist). Von dort gelangt der Fluss erst in den Lake Tana, den er etwas östlich wieder verlässt, um dann die besagten Nilfälle zu bilden. dsc02403

Weiter geht es in einer sehr großen Südschleife, wobei der Fluss hier nicht unter der Bezeichnung Blue Nile, sondern unter dem amharischen Namen Abbay läuft. In Jahrmillionen hat er einen 1500m tiefen Canyon in das äthiopische Hochland gegraben, den wir auf unserem Weg nach Süden dsc02421durchqueren müssen. Auf unglaublich schlechten Straßen mit tiefen Spurrillen und manchmal 40cm hohen Kanten im Asphalt schlängeln wir uns von 2500müNN auf 1000m herunter, überqueren den Abbay, um uns dann wieder auf die Hochebene von über 2500 m heraufzuquälen. Die Ausblicke sind fantastisch und wir sehen am Straßenrande unsere ersten wilden Affen dsc02433(Paviane, die Kinder denken sofort an den beliebten Affenfelsen im Kölner Zoo), aber es ist sowohl für Grüdi als auch für Jochen als Fahrer eine echte  Tortur. dsc02439

Mit dieser Nilüberquerung haben wir den Fluss endgültig hinter uns gelassen, da wir die Quelle des Weißen Nils in Ruanda voraussichtlich nicht besuchen werden. Über die nach wie vor herrlichen Weiten des äthiopischen Hochlandes mit seinem angenehmen Klima erreichen wir dann nach unglaublichen 13 Stunden, die wir für die knapp 500 km benötigt haben, die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba und quartieren uns in Wim´s Hollandhouse ein (irgendwie haben die Niederländer hier einige Außenstellen…).

Pflicht oder Kür?

Wir sind hin- und hergerissen. Auf der einen Seite gibt es gerade im Norden Äthiopiens unheimlich viele tolle Landschaften und Kulturdenkmäler zu besichtigen: die Simien Mountains, Axum, die Felsenkirchen von Lalibela, die alte Festungsstadt Gondar, die Danakil-Senke uvm. Andererseits ist uns aber die aktuelle Situation nicht ganz geheuer: seitdem im September massive Proteste der Opposition mit Demonstrationen, vielen Roadblocks und Verletzen  stattfanden, hat die Regierung Mitte Oktober für sechs Monate den Ausnahmezustand ausgerufen. Seitdem hat sich die Situation beruhigt, aber das Auswärtige Amt warnt weiterhin vor Reisen in das Land, das Internet ist (vor allem in den großen Universitätsstädten) geblockt und soziale Netzwerke funktionieren nicht. Außerdem ist immer noch eine hohe Militärpräsenz vorhanden, man sieht aber auch viele Zivilisten mit Gewehren, Stöcken und anderen Waffen.

Wir fühlen uns in keinem Moment gefährdet, aber eine gewisse innere Unruhe lässt sich nicht vermeiden. Da wir keine Möglichkeit haben, Äthiopien zu umfahren, wollen wir es auf jeden Fall zügig passieren. Also beschließen wir, die historische Route über den Norden nicht zu wagen (was auch angesichts unserer immer noch etwas unsicheren Bremse bei Bergen bis zu 3500müNN sinnvoll erscheint) und das Land auf  direktem Weg zu durchqueren.

Äthiopien – Naturparadies mit Menschenmassen

– das sind unsere ersten Eindrücke, die wir von diesem Land bekommen. Der Geländekante, die weitgehend die natürliche Grenze zwischen dem Sudan und Äthiopien bildet, markiert auch eine Lebensraumgrenze. Sind wir im Sudan noch durch weite Flächen mit sehr wenigen Menschen gefahren, so ändert sich dieses mit dem Grenzübertritt in das äthiopische Hochland schlagartig. Überall sinddsc02368 Menschen und Tiere, vor allem auf und direkt neben der Straße. Die Bedingungen für die Landwirtschaft sind hervorragend: tagsüber um die 25° C, nachts angenehme 10° C und ausreichend Regen, so dass wir viele Felder, vor allem mit Hirse und Tef (einer Getreideart), rechts und links der Straße sehen – allerdings alle klein parzelliert. Trecker oder gar Mähdrescher dsc02371kommen hier nicht zum Einsatz, alles wird per Hand bearbeitet. Die Landschaft beeindruckt durch hohe Tafelberge mit tiefen Schluchten, Canyons und Geländeabbrüchen so wie Vulkanreste. Alles ist herrlich grün, darüber erstreckt sich der strahlend blaue Himmel mit einigen Wölkchen – wirklich paradiesisch, vor allem nach sechs Wochen Wüste.

Wir haben aber kaum die Muße, diese fantastischen Ausblicke zu genießen, da wir beim Fahren permanent höllisch aufpassen müssen, um niemanden zu überfahren. Hier spielt sich das Leben wirklich auf der Straße ab: Kuh- und Ziegenherden werden getrieben – häufig auch von kleinen Kindern, die kaum das Grundschulalter erreicht haben -, Menschen sitzen oder liegen auf der Straße, Esel und Hunde queren spontan die Fahrbahn und viele Menschen laufen. In beide Richtungen. Kilometerweit. Es ist unvorstellbar – wir hatten ja schon viel davon gehört bzw. gelesen, es uns aber nicht so extrem vorgestellt. Wir fallen mit unserem Auto und unserer Hautfarbe natürlich sofort als „Ferengi“, also als Fremde, auf und werden, sobald wir anhalten, dsc02313von Menschen umringt, angefasst und angebettelt. Die Kinder stehen am Straßenrand, kreischen und rufen „You You You You You“, „Pen Pen Pen Pen Pen“ oder „Money Money Money“ – wir vermuten, dass dieses Verhalten das Resultat jahrzehntelangen gönnerhaften Verhaltens der Touristen ist. Das kann nicht der richtige Weg sein, den Menschen aus der offensichtlichen Armut heraus zu helfen! Sobald wir auf einem vermeintlichen menschenleeren Stück Land zwischen zwei Dörfern halten, stehen innerhalb von spätestens zwei Minuten mindestens fünf Kinder um uns herum, gucken und betteln.

Die Dörfer und Städte selbsdsc02446t bestehen in der Regel aus einer Durchgangsstraße, an der sich einfachste Bretterbuden mit Wellblech- oder Strohdächern aneinander reihen. Die Armut ist deutlich sichtbar – ob die Menschen Hunger leiden, können wir allerdings nicht beurteilen. Eigentlich sind die natürlichen Voraussetzungen für die Landwirtschaft sehr gut, so dass ausreichend Grundnahrungsmittel vorhanden sein müssten.

Während unserer langen Fahrzeiten, die wir aufgrund der Fülle von Menschen auf den Straßen und der vielen Schlaglöcher auf einigen Strecken haben, stecken wir häufig in einem Gefühlschaos. Gerne möchten wir nicht nur die wunderschöne Landschaft genießen, sondern auch mit ihren Bewohnern in Kontakt treten. Das ist aber extrem schwierig, da wir – aus der Sicht dieser Menschen – extrem reich sein müssen (was wir in äthiopischen Verhältnissen wahrscheinlich auch sind) und ergo nur als Geldquelle angesehen werden. So ist die Gesprächsbasis – wenn denn jemand Englisch spricht – sehr dünn. Zudem empfinden wir natürlich besonders mit den Kindern Mitleid, würden ihnen gerne etwas geben, wollen aber natürlich die Bettelei und Abhängigkeit nicht weiter fördern. Das tut weh! Auf der anderen Seite werden wir durchaus sauer, wenn sich Jugendliche in völliger Distanzlosigkeit neugierig an unsere Türen hängen, diese sogar öffnen oder uns mit Steinen bewerfen. So ein Verhalten haben wir im Sudan, wo es auch viele sehr arme Menschen gibt, nicht erlebt. Außerdem sehen wir auch hier, in einem sehr armen Land, viele hochpreisige Geländewagen (z.B. Landrover oder Landcruiser), die man in Deutschland unter 80.000,- € nicht kaufen kann. Es gibt also hier auch durchaus Menschen, die sich diesen Luxus leisten können – sie werden aber überhaupt nicht angebettelt – das macht uns zornig!

So verbringen wir die Tage hier im Land vor allem damit, von einem Ort zum nächsten zu gelangen, aus der sicheren Höhe des Fahrerhauses die Ausblicke zu genießen, immer freundlich zu winken, aber bloß nicht anzuhalten. Zudem haben wir immer im Hinterkopf, dass in Äthiopien Mitte Oktober der Ausnahmezustand verhängt wurde, nachdem die Proteste der Opposition das öffentliche Leben lahmzulegen drohten. Obwohl wir von diesem Ausnahmezustand  – abgesehen von vielen bewaffneten Männern und kaum funktionierendem Internet – im Alltag nichts mitbekommen, fühlen wir uns nicht hundertprozentig wohl und wollen das Land relativ zügig durchqueren.

Endlich wieder Internet

Es ist kaum zu glauben, wie abhängig wir von einem stabilen Internet sind – das hat uns in den letzten zehn Tagen hier in Äthiopien wirklich gefehlt, um eine vernünftige Kommunikation mit zu Hause zu führen. Aber jetzt haben wir wieder Zugang, sogar Whats APP funktioniert!

So können wir endlich unser Reisetagebuch über den Sudan hochladen:

Reisetagebuch Teil 6

Vielleicht klappt es auch noch mit der Bildergalerie…