Archiv für den Monat: August 2018

Wunderbare Stadtimpressionen

Lublin ist eine Stadt, die wir irgendwie so gar nicht auf dem Schirm hatten. Aber im Reiseführer liest sich alles sehr interessant, uns so beschließen wir, in Münsters Partnerstadt einen Stopp einzulegen. Im Spätnachmittag treffen wir ein, können direkt unterhalb der Burg parken und von dort in wenigen Metern die historische Altstadt erreichen.

Durch das Burgtor betreten wir die nur zu Fuß erkundbare Altstadt und stoßen – obwohl (oder gerade weil) heute der Feiertag Mariä Himmelfahrt ist – auf Menschenmassen. Zum Glück sind wenigsten die Geschäfte geschlossen! So lassen wir uns nicht stören, bewundern die alten, teilweise restaurierten Fassaden und lassen die Atmosphäre einfach wirken.

Lublin war im Mittelalter und bis zum Zweiten Weltkrieg eines der jüdischen Zentren in Europa, hier gab es die einzige europäische jüdische Universität!  Wir finden ein (wiedereröffnetes) jüdisches Restaurant und nehmen ein superleckeres Abendessen ein, wie immer in Polen sehr günstig. Weitere Spuren des ehemaligen jüdischen Lebens findet man in Lublin kaum, hier haben die Nationalsozialisten fürchterlich gewütet.

Mit Einbruch der Dunkelheit ergeben sich nochmal andere Perspektiven, da große Teile der Altstadt stimmungsvoll beleuchtet sind.

Am nächsten Tag statten wir dem ehemaligen Konzentrationslager Majdanek einen Besuch ab, das nur vier Kilometer außerhalb Lublins liegt und in dem quasi alle Lubliner Juden ermordet wurden. Da wir Marie und Ruben für einen Besuch in Auschwitz noch für zu jung halten, bietet sich Majdanek als erste Gedenkstätte des Holocaustes für uns an. Hier steht das monumentale Mahnmal „Tor zur Hölle“, aber detailliertere Darstellungen wie in Auschwitz fehlen.

In Richtung Süden treffen wir wieder auf die Weichsel, die wir ja schon kurz vor der Mündung in die Ostsee überquert haben. Im sogenannten „Obstgarten“ Polens, rund um Sandomierz, verbringen wir eine extrem ruhige Nacht auf dem Weichseldeich, umgeben von Apfel-, Pfirsich- und Birnenbäumen in Hülle und Fülle.

Ein weiteres städtisches Highlight in Südpolen ist Krakau, dem wir allerdings auch nur eine abendliche Stippvisite gönnen. In den Sommerferienmonaten ist es einfach überall rappelvoll! Trotzdem lassen wir uns den Wawel sowie den 40.000 m² mittelalterlichen Hauptmarkt (Rynek) nicht entgehen.

 

 

Pommern und Masuren

Vom östlichsten Zipfel an der Ostsee starten wir ins Landesinnere. Erster Stop ist der Oberländische Kanal. Hier wird eine Höhendifferenz von über 100 m für Schiffe über zwei Schleusen und sieben Rollberge überwunden. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde dieses technische Meisterwerk errichtet, es funktioniert nur mit Wasserkraft und Gegengewichten. Wir können zusehen, wie die Schiffe auf einen Rollwagen fahren und dann in die Höhe transportiert werden – sehr beeindruckend!

 

Weiter geht es in Richtung Masuren, über enge Alleen, die toll aussehen, die Fahrkünste aber manchmal ganz schön herausfordern: viele Bäume zeugen von den LKW, die ihnen zu nahe gekommen sind!

Aber die Landschaft ist fantastisch, es macht einfach nur Spaß, den Blick schweifen zu lassen! In der leicht hügeligen Endmoränenlandschaft blitzen Seen zwischen den Wäldern auf. Riesige Felder wechseln sich mit Gras- und Schilflandschaften ab, immer wieder durchqueren wir kleine Dörfer mit teils verfallenen Holzhäusern, aber auch vielen neuen Bauten, die uns zeigen, dass die Entwicklung auch die östlichen Bereiche Polens erreicht hat.

Jedes Dorf beherbergt mehrere Storchennester – ganz wie man es aus Büchern und Filmen kennt. Auf den saftigen Wiesen sehen wir häufig ganze Storchfamilien beim Frösche fangen.

Ebenso fallen uns viele liebevoll geschmückte Kreuze auf, die natürlich zum Fest Mariä Himmelfahrt besondere Beachtung finden.

Überall finden wir Picknickplätze, die in der Regel mit überdachten Sitzplätzen ausgestattet sind. Zwei Nächte verbringen wir auf einem Campingplatz, erholen uns etwas und gehen schwimmen und Kanu fahren, Ansonsten schlafen wir auf wilden Stellplätzen, einmal sogar mit bereit liegendem Feuerholz und Grillplatz.

Neben so viel toller Landschaft gibt es hier in Masuren natürlich auch noch Orte mit einer düsteren deutschen Vergangenheit. So liegt die Wolfschanze, Hitlers Hauptquartier für den Russlandfeldzug, östlich von Rastenburg mitten im Wald. Die Ruinen der Gebäude und unglaublich großen Bunkeranlangen locken Tausende von Besuchern an. Wir sind Sonntag morgens um acht Uhr da und können die bedrückenden Anlagen so in Ruhe, mit nur wenigen Menschen, auf uns wirken lassen.

Hier wurden über 140.000 m³ Stahlbeton verarbeitet, um einer geheimen Siedlung mit über 1000 Bewohnern Platz zu bieten, neben einem Führerbunker gab es weitere Bunker für z.B. Göring, Bohrmann und Gäste des Naziregimes.

Immer wieder werden Informationen über das Dritte Reich gegeben, so z. B. auch über den im Juli 1944 von Von Stauffenberg u.a. leider vergeblich verübten Anschlag auf Hitler.

In großen Teilen des Geländes erleben wir, wie die Natur sich ihren Lebensraum zurück erobert und selbst den stärksten Beton zum Bersten bringt.

Trotzdem darf niemals Gras über die Zeit des Naziregimes wachsen! Mahnmale wie dieses müssen bestehen bleiben, um das Grauen in unserem Bewußtsein zu behalten und so abschreckend zu wirken. Im Krieg kann es nur Verlierer geben!!!

 

Von Lübeck bis Danzig

Aufgrund der schlimmen Waldbrände in ganz Schweden haben wir unsere Urlaubspläne spontan geändert, die gebuchte Fähre storniert und uns in Richtung Polen aufgemacht. Nach einem kurzen Abstecher zur Verwandschaft in Lübeck und einem Strandtag auf dem Priwall geht es in Richung Osten.

Erster Stopp ist das Warnowdurchbruchstal östlich von Schwerin. Leider hat auch hier die extreme Trockenheit des Sommers 2018 zugeschlagen, so dass der Fluss viel zu wenig Wasser führt und für Kanuten gesperrt ist. Wir finden aber einen Stellplatz für die Nacht und können das Tal zu Fuß durchqueren.

Um die neuen, eigentlich extra für Schweden angeschafften Sevylor-Kanus aber doch noch zum Einsatz zu bringen, steuern wir die Mecklenburgische Seenplatte an. Schon aus dem Urlaub 2013 kennen wir den Naturcampingplatz am Mössensee, der uns damals schon sehr gut gefallen hat. Hier bleiben wir für drei Tage, paddeln, schwimmen und ruhen uns aus.

Während die einen kräftig paddeln…

… lassen sich andere paddeln!

Ein weiterer Höhepunkt der tollen Landschaft an der Seenplatte ist ein gut acht Kilometer langer Rundwanderweg durch den Müritz-Nationalpark bei Serrahn mit dem Namen „Der lange Weg zum Urwald“. Da der Bereich schon vor 200 Jahren als Jagdgebiet eingezäunt war und dort keine Forstwirtschaft betrieben wurde, finden wir hier wirklich eine Art europäischen Urwald mit all seinen Besonderheiten, wie z.B. den Entwicklungsstadien von Birken-, Kiefern und Eichen- und Buchenwäldern. Auf einem sehr interessanten Lehrpfad wird das alles anschaulich dargestellt, und außerdem führt ein Multicache (also eine Art Schnitzeljagd per GPS) durch den Wald. Am Ziel gibt es ein leckeres Picknick – das war ein toller Tag!

So langsam nähern wir uns der polnischen Grenze und fahren wieder an die Ostsee. Auf Usedom, der zweitgrößten deutschen Insel, finden wir einen Übernachtungsplatz direkt am Strand und können am nächsten Tag die Seebrücke von Ahlbeck besichtigen und eine Gedenkminute an Loriot einlegen.

Fast legal reisen wir dann über Swinemünde nach Polen ein (der Grenzübergang direkt im Ort ist nur bis 3,5t freigegeben, wenige Kilometer südlich machen wir uns alle ganz leicht und nehmen wir den Übergang, der bis 7,5t frei ist), setzen mit der kostenlosen (!) Fähre über die Swine und können nun auf der Landstraße immer an der polnischen Ostseeküste entlangrollen. Misroy, der erste Ort jenseits von Swinemünde, ist angeblich das Pendant zum deutschen Sylt und macht auch in etwa denselben Eindruck. Auch die weiteren Ferienorte entlang der Küste bestechen durch totale Überfüllung – klar, denn auch in Polen sind Juli und August die Hauptferienmonate. Das ist ja so gar nicht unser Ding, so dass wir uns immer an den tollen Wäldern zwischen den Orten erfreuen und uns hier unsere Rastplätze suchen. Endlich finden wir auf einer schmalen Landzunge einen wilden Stellplatz in den Dünen – hier sind wir zwar auch nicht alleine, aber weit ab vom Trubel. Bevor wir uns einen Stellplatz suchen können, muss Jochen mit Grüdi erst noch ein anderes Wohnmobil aus dem tiefen Sand ziehen – gute Tat für heute erledigt…

Nach einem schönen Strandtag geht es weiter Richtung Osten, jetzt müssen wir erst einmal eine Viabox besorgen, die für Fahrzeuge über 3,5t Pflicht ist. Für 30€ Kaution und 30€ Mindestbetrag ist das an einer Tankstelle recht schnell erledigt, und wir müssen uns keine Gedanken mehr darüber machen, unbemerkt auf einer mautpflichtigen Straße zu landen und unter Umständen aus Unwissenheit horrende Strafen (bis zu 1500€) zahlen zu müssen.

Nächster Stopp ist Danzig, wo wir einen sehr zentralen und wirklich günstigen Stellplatz an einem Sportzentrum finden. Nach einer nächtlichen Kleiderwaschaktion erkunden wir am nächsten Tag die Stadt – dank großer Hitze eine sehr anstrengende Aktion. Ähnlich wie in Münster war auch die Danziger Innenstadt nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört und wurde original wieder aufgebaut. Mit gefühlt 100.000 anderen Touristen bewundern wir die schöne Stadt, steigen auf den Turm der Marienkirche und genießen typisch polnische Speisen wie Zapienka und Pierogi (auf die Tagessuppe haben wir allerdings verzichtet).

Unser nächstes Ziel ist die frische Nehrung, die als schmaler Landstreifen das Frische Haff von der Ostsee trennt. Hier fahren wir bis ans Ende der Straßen, finden einen Strandparkplatz zum Übernachten und wandern bis nach Russland – genau genommen an die Grenze der russichen Exklave rund um Königsberg.

Die Ostsee ist hier oben deutlich wilder als gewohnt, außerdem ist das Wetter mal endlich etwas kühler und regnerischer – passt irgendwie viel besser hier her.

Wie die meisten anderen Besucher auch sind unsere Kinder eher mit dem Sand beschäftigt: hier kann man nämlich besonders gut Bernstein suchen, was Lea, Ruben und Marie auch mit Erfolg machen und jetzt stolze Besitzer einer kleinen Sammlung sind.Ganz ruhig zeigt sich auf der Rückfahrt das Frische Haff, bevor wir weiter in Richtung Masuren rollen.