Hannah hatte etwas Zeit und hat die Videos aus der Matsch-Kalahari zusammengeschnitten. Die Musik hat Judith zu verantworten, darauf wurde Wert gelegt – die Kinder finden das „Feengeklimper“ schrecklich…
Archiv für den Monat: Februar 2017
Im Himbaland
Im Nordwesten Namibias liegt das Kaokoveld, eine sehr trockene, von vielen Rivieren und schlechten Pisten durchzogene Region. An dessen südlichem Ende sind wir in Kamanjab in der Oppi Koppi Lodge gelandet und wollen eigentlich von hier aus zu den Epupafalls an der Grenze zu Angola durchstarten. Davon raten uns die Einheimischen angesichts der Straßenverhältnisse und der Wetterlage allerdings ab – für die kommenden Tage sind wieder heftige Niederschläge vorausgesagt.
So bleiben wir zwei Nächte in der Lodge und bewundern am ersten Abend die Stachelschweine und Klippschiefer, die sich ab 21:00 Uhr auf der Mauer des Restaurants tummeln.
Am nächsten Morgen geht es von hier aus in ein „Living Museum“ der Himba, die eigentlich weiter im Norden ein Leben als Nomaden geführt haben, hier aber in einer Art Reservat in ihrer ursprünglichen Lebensform weiter wohnen können. Das Dorf bietet Führungen an, deren Einnahmen dem örtlichen Waisenprojekt und der Schule zukommen. Wir stehen dieser Art der Präsentation sehr zwiespältig gegenüber, da wir auf keinen Fall den „Zootourismus“ (wie z.B. bei den Mursi in Äthiopien) fördern, andererseits aber auch fremde Kulturen kennen lernen und Projekte, bei denen nachhaltig die Eigeninitiative zählt, unterstützen wollen.
Vor dem Dorf empfängt uns ein junger Mann, der uns führen wird. Er macht uns mit dem Begrüßungsritual bekannt. Im Dorf leben zur Zeit gut 50 Frauen und Kinder und sechs Männer – Polygamie ist bei den Himba üblich. Das Dorf besteht aus dem in der Mitte liegenden Kral, in dem das Vieh nachts gehalten wird, und den darum liegenden Hütten. Besonders wichtig ist es, dass man die Linie Kral – Heiliges Feuer – Häuptlingshütte nicht durchschreitet! Zwei oder mehr Frauen teilen sich mit ihren Kindern und den Waisenkindern, die vom ganzen Dorf versorgt werden, jeweils eine der kleinen Hütten. Die Männer bekommen wir nicht zu sehen, da sie mit dem Vieh unterwegs sind oder in den umliegenden Städten einer Arbeit nachgehen. Die Frauen sitzen in kleinen Gruppen vor ihren Hütten, kochen, betreuen die Kinder und basteln Schmuck und Souvenirs, deren Verkauf ihren Lebensunterhalt sichert.
Wir begrüßen jede der Bewohnerinnen mit einem dreifachen Handschlag und der üblichen Formel „Guten Tag“ – „Wie geht es?“ – „Danke gut“ – natürlich in Bantu, der Sprache der Himba, die für uns aber sehr schwierig ist. Danach erzählen wir ein bisschen, vor allem über unsere Kinder, wobei alle Frauen sehr erstaunt sind, dass alle vier Kinder denselben Vater haben… Dann erfahren wir, welche Bedeutung die jeweilige Frisur der jungen Mädchen und Frauen hat: Mädchen tragen Fransen im Gesicht, mit Eintritt der Pubertät ändert sich die Frisur, mit der Hochzeit nochmals, denn dann ziehrt eine Art Schleife den Kopf und die Zöpfe werden mit Kuhdung und Erde eingeschmiert, was ca. alle drei Monate in einer zweitägigen Prozedur erneuert wird. Außerdem lernen wir, dass man an der Zahl der Metallringe am Bein erkennen kann, ob die Frau nur ein oder mehrere Kinder hat.
Aus Schönheitsgründen werden allen Kindern im Alter von ca. neun Jahren die unteren Schneidezähne ausgeschlagen – für uns eine schreckliche Vorstellung! Während sich Kinder und Männer mit Wasser waschen, ist für alle weiblichen Stammesmitglieder mit Eintritt der Pubertät die Benutzung von Wasser tabu, es kommt nur noch eine Mischung aus Butterfett und Erde zur Anwendung, nachdem der Körper jeden Morgen zweieinhalb Stunden lang mit Rauch gesäubert wird. Tatsächlich ist auch kein unangenehmer Körpergeruch festzustellen, nur der holzig-würzige Rauchduft umgibt alle. Außerdem tragen die Himba nur Bekleidung aus Tierfellen, in der Regel nur einen Lendenschurz.
Unser Guide führt und in eine der Hütten, wo wir die Schlafstellen (einfache dünne Kuhfelle) und die hölzernen Kopfstützen für die Herren sehen – das stellen wir uns sehr unbequem vor! Dann demonstriert uns eine junge Himba, wie sie sich und ihre Kleider jeden Morgen zwei Stunden vor Sonnenaufgang mit einer Kräutermischung, die verbrannt wird, reinigt. Das ist schon im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend!
Zum Schluss des Rundgangs werden wir höflich gebeten, noch einen Blick auf die Souvenirs zu werfen, die die Frauen angefertigt haben – es sei kein Kaufzwang damit verbunden, aber man würde sich natürlich freuen, wenn wir ein oder zwei Dinge erwerben würden, möglichst bei verschiedenen Verkäuferinnen. Da wir wissen, dass die Einnahmen aus der Tour zu 100% in die Dorfschule fließen, wollen wir natürlich die Frauen selbst auch unterstützen und suchen einige Armbänder und Holzarbeiten aus – einige Verwandte und Freunde dürfen sich also schon auf Himbaschmuck freuen!!!
Etosha mal anders
Die Etosha-Pfanne liegt am Nordrand des Kalahari-Beckens und ist den meisten Namibiareisenden als sehr trockene Salzpfanne bekannt, in der sich an den Wasserlöchern die besten Tierbeobachtungen machen lassen. Bilder wie dieses findet man auf Wikipedia, sie sind typisch:
Aber bei uns sieht das dann eher so aus:
– klar, wir mögen es halt matschig!!! Als wir in den Nationalpark hineinfahren, beginnt es zu nieseln, der Himmel wird immer dunkler. Das ist irgendwie wohl unser Schicksal, wir haben eine richtig außergewöhnliche Regenzeit erwischt. Wären nicht ab und an ein paar Tiere zu sehen, könnte man fast glauben im Wattenmeer oder in der Bretagne unterwegs zu sein…
Wir treffen mit Giraffen, Zebras, Springböcken und Co. alte Bekannte, aber die Big Five oder andere Raubtiere halten sich gut versteckt. Es besteht dank der gut gefüllten Becken überhaupt keine Notwendigkeit, an die Wasserlöcher zu kommen, die in der Trockenheit Tierbeobachtungen garantieren.
Gegen Mittag bricht die Wolkendecke endlich auf und die Sonne kann sich durchsetzen. Glücklicherweise sind die Pads hier im Park breit, geschottert und bedeutend fester als im Kalahari Nationalpark, so dass uns eine Wiederholung der Schlammschlacht nicht droht – zumindest so lange wir nicht von den Wegen abkommen. Allerdings hat Grüdi durch den beständigen feinen Sprühnebel, den wir und andere aufwirbeln, seine Farbe von grün zu weiß verändert. Auf einem der wenigen Rastplätze, an denen man das Auto verlassen darf, treffen wir andere Reisende und erfahren, wo doch noch Raubtiere zu sichten sind. Aber zunächst genießen wir den Blick über die weite, weiße Ebene.
Wie empfohlen biegen wir nach der Pause in einen Seitenpfad ein (der zum Glück breit genug erscheint) – und tatsächlich, nach vier Kilometern liegen sie wie versprochen da: die Könige des Tierreichs!
Im Schatten eines kleinen Mopanebaumes ruht ein Löwe mit mehreren Weibchen – Bewegung ist gerade nicht so angesagt.
Zumindest erfolgt zwischendurch ein Wechsel in die Rückenlage… … der Kopf wird einige Sekunden erhoben…
… und ordentlich die Zähne gefletscht!
In Ruhe genießen wir dieses Schauspiel nur wenige Meter von Grüdi entfernt und freuen uns, dass wir wieder ein Tier mehr in Natura gesehen haben.
Tatsächlich schaffen wir es am Nachmittag dann noch, auch Nr. 4 der Big Five zu erspähen – allerdings wirklich weit weg, man kann die Falten am Popo des Nashorns kaum erkennen – aber es war da!
Hochzufrieden verlassen wir kurz vor Sonnenuntergang den Park und erleben ganz am Schluss mal wieder eine afrikanische Kuriosität: am Gate steht die Veterinary Desease Control und möchte unseren Kühlschrank inspizieren! Schnell kann Hannah noch das tiefgefrorene Fleisch in der Heizungsklappe verstecken – aber die Eier, die noch im Kühlschrank liegen (und natürlich auch schon auf diesem Weg in den Park hineingekommen sind), dürfen nicht mit hinaus – sie könnten sich ja unterwegs mit irgendeiner Straußenseuche infiziert haben! Der Kontrolleur lässt sich nicht umstimmen, auch unsere Argumente, dass die Eier den Kühlschrank nicht verlassen haben, werden nicht akzeptiert. Wir müssen die Eier kochen oder da lassen – wir entscheiden uns für ersteres und haben damit auch schon die Weichen für das Abendbrot gestellt… Nachdem wir die gekochten Eier dem Inspekteur präsentiert haben, dürfen wir dann auch den Nationalpark verlassen und suchen uns ein Nachtlager (in dem wir in Ruhe die Eier verspeisen können…). This is Africa!!!
Unterwegs in der Township
Wir sind in Grootfontein im Maori Camp gelandet. Hier haben sich die Südhessen Conni und Peter vor 15 Jahren ein neues Zuhause aufgebaut, bauen Citrusfrüchte an und haben eine nette kleine Lodge mit Campsite. Wir fühlen uns sehr wohl dort und beschließen, einige Tage zu bleiben.
Conni, die resolute ehemalige Kriminalkommissarin, hat aber neben dem Aufbau der eigenen vier Wände viel Energie in die Unterstützung der schwarzen Bevölkerung gesteckt. Namibia ist ja für viele ein sehr deutsch beeinflusstes, westliches Land mit hohem Standard – aber es gibt sie eben doch, die arme Bevölkerung, die in der Regel aus den Bevölkerunggsruppen der San, Herero und Kavango und Himba besteht. In Grootfontein leben diese Menschen heute (nach einer Zwangsumsiedelung) jenseits der Bahnlinie in der Township, wo es inzwischen zwar Elektrizität gibt, die Wellblechhütten aber nicht an eine Wasserver- oder -entsorgung angeschlossen sind. Auch Müllabfuhr oder ähnliche Dienstleistungen sind unbekannt. Und hier, im ärmsten Viertel, unterstützt Conni mit vielen deutschen Helfern, Vereinen und Gruppen die frühkindliche Bildung in Form von Kindergärten und Grundschulen – wirklich sehr eindrücklich!
Mit ihrem Pickup dürfen wir sie an diesem Tag begleiten, um einige Spenden und etwas Obst zu ihren Kindern zu bringen. Es ist ganz schön windig auf der offenen Ladefläche, aber immerhin bekommen wir ein Lob(!) der Polizeikontrolle, weil wir sitzen (und nicht im Stehen fahren wie die meisten Leute hier…).
Zuerst geht es mit einem Münchner Ehepaar zu einem Kindergarten, für den die beiden die Patenschaft haben und dem sie einige Malartikel und Bücher bringen. In zwei kleinen Räumen werden hier 96 Kinder zwischen drei und sechs betreut und an die Geheimnisse des Lesens, Schreibens und Rechnens herangeführt.
Die Vorschulklasse singt ein Lied für uns, dann dürfen unsere Kinder sich revanchieren und ihrerseits etwas singen. Danach gibt es die Geschenke der Bayer, bevor sich alle Kinder in einem großen Kreis aufstellen und unsere vier die mitgebrachten Äpfel und etwas Süßes verteilen dürfen.
Weiter geht es zu Connis privatem Kindergarten, der bis vor zwei Jahren auf ihrem Grundstück stand. Dann aber wurde die Siedlung zwangsgeräumt und alle Schwarzen mussten ins Township umziehen. So hat sie dort in fünf Wochen ein neues Gebäude errichtet, in dem jetzt 30 Kinder betreut werden und auch jeden Tag zwei Mahlzeiten erhalten. Auch hier gibt es Obst und etwas Süßes, die Leiterin erklärt uns die Struktur der Einrichtung und wir alle sind – angesichts der doch sehr einfachen Bedingungen – über die Freude und Lebhaftigkeit der Kinder erstaunt.
Auf dem Heimweg halten wir noch an drei weiteren Kindergärten an, die alle im Dunstkreis von Connis Aktiven entstanden sind und versuchen, die Chancen der allerärmsten Namibier durch fürhzeitige und nachhaltige Bildung zu erhöhen – wir sind tief beeindruckt!!!
Deutsch Südwest..
Da die Wetterprognose weiterhin Regen verspricht, verzichten wir auf alle weiteren Abenteuer und Abstecher in Botswana (eigentlich standen noch die Tsolido-Hills auf dem Programm) und reisen nach Namibia weiter. Hier regnet es allerdings auch nicht gerade wenig…
Aber da bleibt Zeit zum Schreiben: so ist das Reisetagebuch Botswana schon fertig, und auch die Fotogalerie wird es bald sein! Sogar Ruben hat es geschafft, nach über zwei Monaten mal wieder was auf seiner Seite zu schreiben!
Wir sitzen derweil im urigen Roy´s Rest Camp etwas nördlich von Grootfontein und warten auf den Zyklon, der am Mittwoch schon Mosambik getroffen hat und für morgen hier als Sturm mit viel Regen angekündigt ist… Hoffen wir, dass die Vorhersagen nicht eintreffen!
Kalahari – vom Traum zum Albtraum
Jeder, der in den 80er Jahren eine deutsche Bildungsanstalt besucht hat, wird ihn aus unzähligen Vertretungsstunden kennen: den Film „Die lustige Welt der Tiere“. Die betrunkenen Affen und liebestollen Löwen, die heldenmutige Entenmutter und die großen, Bäume umwerfenden Elefantenherden – all das wurde in der Kalahari gedreht. Und davon träumen wir hier in Botswana: eine Tour durch die häufig als Wüste bezeichnete Trockensavanne der Kalahari.
Der Plan: mit Ruth und Walter aus der Schweiz wollen wir den Kalahari Nationalpark von Ost nach West durchqueren, um dann gemeinsam einen Wildernesstrail im Kgalagadi-Transfrontier-Park zu befahren. Die beiden sind in einem Landcruiser mit einer Aufsetzkabine unterwegs und wollen – ebenso wie wir – aus Sicherheitsgründen nicht alleine in einen Park fahren. In Maun buchen wir die nötigen Camps vor, zahlen die Eintrittsgebühren (Grüdi ist mal wieder mit Abstand das teuerste Familienmitglied…) und fahren bis nach Rakops. Dort wollen wir noch tanken und die letzten Vorräte einkaufen – Diesel gibt es aber leider seit vier Wochen nicht mehr, so dass wir nur etwas Brot und Wasser erstehen können. Von hier geht es 40 km über eine Sandpiste bis zum Gate. Die Piste ist allerdings nicht zu erkennen – im Grunde ist sie ein einziger See… Auf sandigem Untergrund lässt sich diese Etappe aber gut fahren, so dass wir im Spätnachmittag einige Kilometer vor dem Gate ankommen und einen Übernachtungsplatz finden. Wären wir nicht mit zwei Autos unterwegs, hätten wir vermutlich jetzt schon umgedreht – mit diesem Gedanken schlafen wir bei Gewitter ein.
Am nächsten Tag geht es auf in den Park. Wir fragen die Ranger am Eingang noch mehrfach, ob die Pisten für uns ein Problem werden könnten, werden aber lediglich auf eine Stelle in Richtung Parkausgang hingewiesen, an der im vergangenen Jahr einige Fahrzeuge stecken geblieben seien. Aus dem Reiseführer wissen wir, dass der Park in der Regenzeit besser zu befahren sein soll, da feuchter Sand deutlich fester ist. Außerdem sollen die Tierbeobachtungsmöglichkeiten von November bis April optimal sein – die Vorfreude steigt!
Auf den ersten 40 km passiert aber gar nichts: wir rollen weiterhin von Matschloch zu Matschloch, rechts und links des Weges stehen Bäume und Sträucher, von Tieren keine Spur. Halbwüste oder Trockensavanne hatten wir uns anders vorgestellt! Gegen Mittag erreichen wir endlich die Deception Pan, eine weite, mit halbhohem Gras bewachsene Salzsenke. Das sieht schon eher nach Kalahari aus! Wir genießen den Blick in die Weite,
und machen auf Grüdis Dach eine ausgiebige Mittagspause. Das erste Gnu taucht auf, eine Herde Oryxantilopen kreuzt unseren Weg und wir sehen einen kleinen Schakal neben der Piste.
Etwa drei Kilometer entfernt soll laut Gamedrive-Fahrer, der uns begegnet, ein Löwe liegen – leider ist der Weg dorthin so schlammig, dass wir es nicht wagen…
So fahren wir noch etwas in der Gegend herum, suchen Großwild und richten uns dann auf unserer Campsite ein.
Nach einer ruhigen Nacht (wir hören nur ein Mal Löwengebrüll in der Ferne) starten wir in der Früh um sechs zum ersten Gamedrive – morgens sieht man bekanntlich die meisten Tiere!
Das beschränkt sich in unserem Fall allerdings auf die schon bekannten Oryxantilopen, Springböcke, Schakale und diverses Federvieh – wo sind die Geparden, Löwen und Leoparden bloß? Wir sehen so viele riesige Herden, das ist schon ein wirklich tolles Bild (und wäre ein leckeres Mittagessen für so einige der Mitbewohner…)
Spannender als die wilden Tiere sind jedoch die Wassermassen auf den Wegen – das hatten wir so definitiv nicht erwartet!
Immerhin finden wir noch etwas Dekorationsmaterial für Grüdi: Als wir gerade wieder neben einer der großen Salzpfannen fahren, passiert es: Grüdi sackt nach links weg! Jochen versucht noch, rückwärts wieder auf den Weg zu kommen, aber wir graben uns nur weiter ein. War ja irgendwie zu erwarten!
Also heißt es Sandbleche vom Dach holen,
Schaufeln auspacken… und buddeln, was das Zeug hält!
Mit vereinten Kräften gelangen wir schließlich wieder auf den Weg, nur um zweihundert Meter weiter……wieder fest zu stecken!! Mist!!
Jetzt sind wir aber schon richtig in der Übung und binnen 20 Minuten wieder auf dem Weg. Die Stimmung ist trotzdem etwas angekratzt, es ist mächtig heiß und alle freuen sich, dass wir drei Kilometer weiter unser Nachtlager erreichen. Am nächsten Morgen wollen wir wieder um sechs Uhr starten, da wir über 120km bis zum Gate fahren müssen. Dank massiver Ameisenangriffe auf der Campsite sind wir früh im Bett und hören nachts den Regen prasseln.
Wie besprochen geht es um sechs Uhr weiter, es tröpfelt noch und ist ziemlich grau. Wir sind gut gelaunt, da wir die Salzpfanne verlassen haben und der Weg – wie auch schon am Vortag – durch dichtes Gestrüpp führt. Die Spuren stehen unter Wasser, aber das ist ja nichts Neues für uns. Umso erschrockener sind wir, als Grüdi nach knapp einem Kilometer Fahrt nach rechts wegrutscht – es ist nicht zu fassen, wir stecken schon wieder! Und dieses Mal haben wir kein Gras, sondern Wasser und Schlamm um uns herum!
Zu allem Überfluss beginnt es auch noch zu schütten, so dass wir erst einmal frühstücken und dann mit der Befreiung beginnen wollen. Wir buddeln, holen die Sandbleche vom Dach und versuchen, uns freizufahren – vergebens. Nach zwei Stunden kommt ein Hilux voll mit Holländern, die ebenfalls versuchen, uns herauszuziehen – vergebens. Etwas später geschieht dasselbe mit einem Fahrzeug eines Safarianbieters – und es fährt sich auch noch fest! Wir haben keinerlei Kontaktmöglichkeit, Mobilnetz gibt es nicht, nicht mal der Funk des Gamedrivers funktioniert – hoffentlich sagen die Holländer wie versprochen am Gate Bescheid! Den ganzen Tag verbringen wir mit Buddelei, Seilwindenversuchen und vielen vergeblichen Anläufen – alles umsonst. Erstmals sind wir froh, keine Löwen oder ähnliches gesichtet zu haben, denn wir müssen uns ziemlich weit vom Grüdi entfernen. Die Kinder werden super von Ruth versorgt, sie kocht ihnen Nudeln, backt Kuchen und spielt mit ihnen. So vergeht die Zeit, wir warten auf Hilfe und fühlen uns ziemlich machtlos.
Am Nachmittag des zweiten Tages – wir hatten die Hoffnung fast sRachon aufgegeben – kommt um vier Uhr endlich ein Fahrzeug mit fünf Rangern. Sie beginnen, etwas zu buddeln und wollen uns mal eben herausziehen und am selben Abend noch zum Gate bringen. Am Ende der Bemühungen stecken wir tiefer im Schlamm als je zuvor, aber die Ranger versprechen, am nächsten Tag mit einem neuen Plan und einem Traktor wieder zu kommen.
Tag drei: Jochen schafft es unglaublicherweise, Grüdi mit zwei Wagenhebern so weit aufzubocken, dass wir Holz und Steine unter die Hinterräder stopfen können. Judith und Walter schaffen mit Rubens HIlfe jede Menge Steine heran, halbe Bäume werden gefällt – es ist sehr anstrengend! Aber wir können nicht einfach untätig herumsitzen, das würde uns noch mehr in den Wahnsinn treiben! Am Nachmittag haben wir Grüdi so weit angehoben, dass er fast gerade steht – jetzt fehlen nur noch die Ranger und das Zugfahrzeug! Leider kommen sie aber nicht, und am Abend zieht ein Riesengewitter auf und macht alle Arbeit wieder zunichte…
Es regnet die ganze Nacht, und am Morgen des vierten Tages stehen wir wieder genauso tief im Schlamm wir zu Beginn. Es ist zum Heulen! So langsam gehen uns die Lebensmittelvorräte und das Wasser aus, wir können maximal noch zwei Tage hier bleiben! Wo zum Teufel sind die Ranger??? Wir sind erstaunt, wie gut die Kinder mit der Situation klar kommen – vielleicht überblicken sie aber auch nicht wirklich die Konsequenzen, die uns drohen könnten. Falls es so weiter regnet, müssen wir uns für eine lange Zeit ein Alternativfahrzeug organisieren…
Gegen Mittag am vierten Tag – die Kinder haben gerade aus den letzten Eiern Berge von Pfannkuchen gebacken – steht plötzlich ein weißes Auto da. Sind das etwa die Ranger? Nein, die Insassen sehen etwas blass aus, und Ranger würden wohl kaum Deutsch reden… Es sind Betti und Klaus, die für drei Monate im eigenen Geländewagen unterwegs sind und erst einmal ihr Satellitentelefon herausholen, um bei der Parkverwaltung anzurufen. Deren Auskunft: der Rettungstruck, der gestern für uns losgefahren ist, ist auch stecken geblieben – wir sollen weiter warten… Die beiden bleiben bei uns, wir starten nach weiterer Arbeit noch einen letzten (frustranen) Freifahrversuch und beschließen dann schweren Herzens, am nächsten Morgen Grüdi stehen zu lassen und gemeinsam mit zwei Fahrzeugen zum Gate zu fahren. Wir packen die wichtigsten Sachen, Zelt und Schlafsäcke sowie alle Dokumente zusammen und verbringen einen sehr deprimierten letzten Abend im Grüdi. Aus dem Kalaharitraum ist wirklich ein Alptraum geworden!
Um acht in der Früh am Tag fünf verlassen wir unser treues Mobil und stellen schon nach einigen hundert Metern fest, dass die Pistenverhältnisse dank des vielen Regens noch viel schlimmer geworden sind. Hier wären wir niemals weiter gekommen! Auch Walter fährt sich zwischendurch fest – wo kommt nur das ganze Wasser her??? Einziger Lichtblick sind drei Geparden, die wir im halbhohen Gras entdecken.
Nach vier Stunden haben wir 80 km hinter uns gebracht und erreichen die Deception Pan. Auch hier sieht es viel nasser aus als vor einigen Tagen, und am Rand der Piste steht eine Truppe von drei Geländewagen. Die südafrikanisch-kanadische Truppe hat gerade beschlossen, aufgrund des Matsches wieder zurück zum Gate zu fahren, so dass wir mit fünf Fahrzeugen im Konvoi fahren können. Endlich, gegen 16:00 Uhr, erreichen wir das Gate und können den Rangern mitteilen, dass wir uns selbst aus dem Park „gerettet“ haben. Flugs wird der Helikopter, der uns am nächsten Morgen ausfliegen(!) sollte, wieder abbestellt – zum Glück, denn das wäre sicher sehr teuer geworden!!! Wir werden von J.P. und Regine aus Kanada und den Südafrikanern extrem aufgemuntert und verpflegt, denn wir haben ja nichts dabei – ihre Gastfreundschaft ist wirklich umwerfend! Im Camp können wir das Dreimannzelt aufbauen (ganz schön eng), und glücklicherweise können Lea und Marie bei Ruth und Walter im Landcruiser schlafen. Wir erfahren, dass ein weiterer Rettungstruck unterwegs ist, angeblich von der Armee, um den ersten Truck und weitere festgefahrene Fahrzeuge zu bergen.
Am nächsten Morgen bleibt Jochen am Gate, während Judith mit den Kindern und dem Schweizerisch-Deutsch-Kanadischem Rettungsteam die letzten 40km nach Rakops fährt. Dort wird sie an einem Motel abgesetzt, so dass Ruth&Walter sowie Betti&Klaus ihre Reise fortsetzen können. Jochen wird von den Südafrikanern, die glücklicherweise am Park bleiben, bemuttert und startet gegen 14:00 Uhr zur Rettungsmission – allerdings nicht mit dem Militär, sondern mit einem Unternehmen. Sie versuchen, einen Geländewagen und den ersten Truck aus dem Schlamm zu ziehen – vergeblich. Dann wollen die Ranger noch im Dunkeln zu Grüdi fahren, entscheiden aber doch anders und kommen zum Gate zurück. Am nächsten Morgen um fünf soll es wieder losgehen (Jochen steht bereit und wird trotz nachtschlafender Zeit von den Südafrikanern mit Kaffee versorgt!), um sechs gehts dann tatsächlich los – dieses Mal direkt zu Grüdi. Erst läuft alles super, aber dann kommt die Stelle, an der wir uns zum ersten Mal fest gefahren haben… Die Ranger wählen eine andere Spur – und bleiben keine zehn Meter hinter unserem „Loch“ im Matsch stecken!!! Es sind nur noch vier Kilometer bis zu Grüdi, aber zwei Rettungsfahrzeuge stecken nun im Matsch! Alle Befreiungsversuche scheitern! Schließlich fahren zehn Ranger in zwei Begleitfahrzeugen zu Grüdi, buddeln noch ein wenig, und dann schafft Jochen es tatsächlich – vor allem dank des seit zwei Tagen trockenen Wetters – Grüdi aus eigener Kraft zu bergen!!! Es geht zurück zum Gate und von da am nächsten Tag nach Rakops, wo Judith und die Kinder sehnsüchtig warten. Wir sind überglücklich, dass wir alle wieder zusammen sind – im Nachhinein ist es ein spannendes Abenteuer gewesen, aber noch einmal brauchen wir so etwas sicher nicht!!!