Es ist nicht alles schön…

…auch nicht auf Reisen – aber das haben wir auch nicht erwartet.

Nachdem wir einen sehr spontanen Zwischenstopp bei der Verwandschaft in der Nähe von Graz eingelegt hatten (vielen Dank an dieser Stelle nochmal an Hedwig, Bärbel und Remko!), sind wir am Dienstagmittag weiter Richtung Süden gerollt. Da die Wettervorhersage für die kommenden Tage auch für Slowenien eher Gewitter, Regen und Kälte prognostiziert hatte, haben wir beschlossen, die  geplanten Wanderungen und Touren an und auf der Soca auf einen Slowenienurlaub nach unserer Rückkehr zu  verschieben. Dieses kleine Land hat unglaublich viel zu bieten!

Mit der Gewitterfront im Rücken sind wir dann bei herrlichem Wetter an der steirisch-slowenischen Grenze entlang (Jochen, Lea und Ruben waren mit der Fahrerseite schon in Slowenien, Judith, Hannah und Marie noch in Österreich, wirklich skuril!) über die Alte Weinstraße gerollt. Die Gegend ist wunderschön, die Straße war für uns zwar etwas unterdimensioniert, aber Grüdi hat alle Steigungen problemlos gemeistert, so dass wir alle das Schauen genießen konnten.

Die Realität hat uns dann 60 km weiter sehr schnell eingeholt: kurz vor der slowenisch-kroatischen Grenzen waren die Folgen des Flüchtlingsstromes erschreckend deutlich zu sehen: über einige Kilometer verlief parallel zu einer Bahnstrecke, mitten durch die landwirtschaftlich genutzten Flächen eine dichte Natodrahtrolle, die jeglichen Übertritt über die grüne Grenze sicher verhindert! Die Kinder waren ebenso verstört wie wir und zogen sofort Vergleiche zur ehemaligen innerdeutschen Grenze, was intensive Familiengespräche nach sich zog.

Natodraht an der Grenze Slowenien - Kroatien

Natodraht an der Grenze Slowenien – Kroatien

Der eigentliche Grenzübertritt nach Kroatien verlief dann völlig unproblematisch, die slowenische Seite kontrollierte, die kroatische war verwaist.

Was wir in den vergangenen Kroatienaufenthalten nicht geschafft hatten, wollten wir aber sicher dieses Jahr nachholen: einen Besuch bei den Plitvicer Seen, die seit 1979 ein Nationalpark und seit 1985 Weltnaturerbe sind. Also rollten wir bis spät in den Abend Richtung Nationalpark, suchten uns dort einen Stellplatz zwischen Fernfahrerbrummis und waren am Mittwoch früh schon um 08:30 am Parkplatz 2 – frei nach dem Motto „Der frühe Vogel…“ Leider ging diese Rechnung überhaupt nicht auf, da wohl viele andere dieselbe Idee hatten und die Kassenschlange schon quer über den Parkplatz reichte – und das trotz relativ schlechten Wetters (wir hörten später, dass man bei gutem Wetter gerne auch zwei Stunden ansteht…). Also hat sich Judith fix angestellt, während Jochen für alle Frühstück bereitete und Hannah dann das mütterliche Frühstück in die Warteschlange brachte. Nach Erwerb der Eintrittskarten, die mit € 85 zu Buche schlugen (Familientarife sind in Kroatien leider unbekannt), ging es dann mit dem Busshuttle zum Eingang 3, um von dort die Tour H (Dauer 5-7h) zu starten.

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Hier wurde nochIMG_6186 deutlicher, was uns erwarten sollte: Menschenmassen wohin das Auge blickte! Wir waren von unseren Essener Freunden vorgewarnt worden, hatten es so schlimm aber nicht erwartet: über die wirklich fantastisch angelegten Stege entlang der Seenplatten und Wasserfälle schoben sich lange Schlangen – und wir natürlich mitten drin!

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War unsere erste Befürchtung noch, dass einer unserer Sprösslinge von einem Steg plumpsen könnte, mussten wir nach kurzer Zeit feststellen, dass die größte Gefahr wohl darin bestand, von einem japanischen Selfiestick ins Wasser gefegt zu werden!

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So toll die Landschaft (selbst bei bedecktem Himmel) war, so unentschieden waren unsere Empfindungen: einerseits störten uns die Touristenmassen ungemein, andererseits gehörten wir natürlich genauso dazu! Es fiel uns allerdings sehr schwer, die Umgebung wirklich zu genießen, während wir uns zwischen japanischen und italienischen Reisegruppen über die Stege schieben ließen. Außerdem missfiel uns sehr, dass die Verbotsschilder häufig vollkommen ignoriert wurden – frei nach dem Motto: „Die anderen machen es ja auch!“ Es war schlichtweg unmöglich, Fotos einer großen Kaskade zu machen, ohne dass irgendwo ein Mensch oder Selfiestick drauf war! Besonders beeindruckend war leider auch die Rücksichtslosigkeit vieler Touristen – sowohl gegenüber den Mitmenschen (frei nach dem Motto: „Ich drängle mich mal an allen anderen vorbei“)  als auch gegenüber der Natur („Ich will jetzt ein Foto machen und renne quer durch die Botanik..“). Wir diskutierten mit den Kindern lange darüber, warum wir nicht zu einer anderen Jahreszeit gekommen waren, ob man diesen Massentourismus ertragen muss, wie man das Ganze anders gestalten könnte, ob es wohl eine Tageshöchstmenge von Touristenzahlen gibt etc. – wir kamen aber auch zu keiner zufriedenstellenden Lösung. Einig waren wir uns nur darüber, dass uns das nicht behagt, wir einsamere Orte und Naturschauplätze klar bevorzugen und uns so nicht wohl fühlen! Offen blieb allerdings auch die Frage, ob nicht ein derart kanalisierter Tourismus für die Natur besser ist und weite Teile des Nationalparkes Plitvicer Seen so von der Spezies Mensch ganz verschont bleiben.

Endgültig genug hatten wir dann, als vor dem vermeintlich spektakulärsten Wasserfall eine Wahnsinns-Warteschlange war, IMG_6212weil sich jeder (!) davor verewigen musste! Zum Glück gab es einen Alternativweg…

 

Von einem Gewitter mit heftigem Regen verjagt, saßen wir dann nachher gemütlich beim frühen Abendessen im Grüdi, während die Menschenmassen draußen versuchten, das Parkplatzgelände zu verlassen- – natürlich alle gleichzeitig! Ergo gab es Stau ohne Ende, der sich erstaunlicherweise auch nicht dadurch auflöste, dass permanent auf die Hupe gedrückt wurde!!!

Wir sind dann ganz gemütlich um 19:00 Uhr vom leeren Gelände gerollt und haben uns auf den Weg Richtung Mittelmeer gemacht.